Dieser Tag war ein Heldentag. Wenn ich morgen nach 20 km nicht vom Rad falle, mach ich mir selber angst. Fast perfekt. Ich wollte ja meine erste geführte Tour genießen – doch weil zwei Tourteilnehmer am Nachmittag arbeiten wollen mussten, wurde kurzerhand die Tour auf unter 100km verkürzt. Seltsam. Da sind drei Guides mit vier Gästen in der ‚Sportgruppe‘ (Luxcom’s sportlichste Kategorie derzeit) unterwegs und niemand kommt auf die Idee, zumindest die Gruppe aufzuteilen: Jungs, Euer Urlaub ist eh aus (Vulkanaschenwolkeopfer), also ein Guide fährt Euch eine kurze Runde und der einzig Neue hier (=ich) kriegt auf seiner ersten Runde eine schöne – wie angekündigt. Der Neue ist neu und die Guides menscheln halt. Wollte diesen seltsamen Umstand nur erwähnen – geärgert hat’s mich nicht, hab‘ mich einfach nach ca 35 km von der angenehmen Gruppe verabschiedet. Bis dahin entspanntes Mitrollen im Windschatten – nach meinen bisherigen Touren hatte ich schon fast vergessen, wie angenehm Windschatten sein kann. Wie ich später vom ExTriathleten erfuhr, war’s wohl ganz gut, auf eigene Faust zu fahren – denn die Jungs fuhren 30. 30 im Flachen, 30 bergauf – nur auf der Abfahrt darf’s gerne auch mal schneller sein.
Der ‚Chef-Guide‘ war übrigens Olli Corpus. Kenner kennen ihn, den anderen ist’s wurscht. Natürlich auf einem Rad seiner selbst.
Zu mir: Von Selva zur legendären Tankstelle heraufgerast (ca 50 Radler überholt – ohne überholt zu werden, der Ehrgeiz bei so viel ‚Zielen‘ vor mir, war einfach zu groß. Kein Wunder, dass mir eine entspannte Trainingsgruppe oft unmöglich erscheint, wenn mich der Hafer sticht, gibt’s kein Halten mehr – Treten bis über die Kotzgrenze, Tunnelblick, Pochen – ach was – Dröhnen im Schädel, Blutgeschmack im Mund; da hilft nur halbtot vom Rad fallen. Zum Glück passiert mir das nur selten – falls hier jemand mitliest: diese Erfahrung dürfte ich nicht alleine haben….gelle?
Weiter. Nach Sa Calobra (Tipp -> Google Maps) runter, eine der schönsten ‚Passstraßen‘ die es gibt – obwohl’s eigentlich kein Pass ist. Einfach eine Stichstraße vom Gebirge ans Meer. Mit knapp 650 Höhenmetern schon was Ernstes, zumal die letzten ca 2 km die schwersten sind – immer über 10% (wer genaueres weiß, gerne schreiben).
Da gibt’s noch ein Nebental – die Neugier siegt und eine weiterer Serpentinenstraße zur Sammlung addiert – mit einem wunderbar bezauberndem Restaurant/Bar am Ende der Straße. Und die große Überraschung: in diesem Tälchen bin ich tatsächlich der einzige unmotorisierte Zweiradler – a bisserl Stolz bin ich da schon.
Mangels Streckenkenntnis gehe ich davon aus, nunmehr annähernd ausschließlich bergab zu fahren. Haha. Der is‘ gut. Noch schlimmer: ein völlig fertiger Langerhansel, der im schweren Gang fast ausschließlich in der Straßenmitte bergauf arbeitet, die Kurven schneidet (lebensmüde?), um ja keinen Meter zu viel zu fahren, wird ob meines Rechtsüberholens wach. Und kämpft. Um jeden Meter. Beißt. Ich beiße zurück – siehe oben, heute ist halt so ein Tag. Ich halte ihn für völlig gaga – so wie der Kurven schneidet – auf der Tramuntana Straße – das ist auf Italien übertragen so, als würde man blinf auf der Gardesana auf der Gegenspur fahren. Ich überlege ihn ziehen zu lassen, der bringt sich sonst um. Stattdessen tut’s ein Auto: ihm Klarmachen, was für einen Unsinn er treibt. Und schon ist er hinter mir verschwunden. Als ich nach Pollenca abbiege keine Spur mehr von ihm. Hinein in die schnelle Abfahrt. Doch leider – ein Auto, deutscher Tourist, der kann doch keinen Radler vorbeilassen. Vollgas auf den kurzen Geraden, da kann ich zwar dran bleiben, in den Kurven mangels Sicht aber nicht überholen und er bremst auf Schleichfahrttempo. Der nächste Anstieg – das Auto läßt mich mühelos stehen und wer kommt da von hinten? Der Lange Lulatsch. Ich will nicht wieder so ein Rennen – und bleibe stehen, um ein Foto zu machen (übrigens: Fotos gibt’s erst wieder in ein paar Tagen…). Ich sehe ihn nicht mehr – fahre weiter, es ist schön, ich bin glücklich, und plötzlich sehe ich ihn wieder vor mir. Und es beginnt eine heiße Abfahrt. Nun will ich ihn doch einholen. Und es gelingt, zum Ende der Abfahrt überhole ich, wir sind im Flachen, nur noch geringstes Gefälle und….ja, da war doch was???? Wind. Gegenwind. Und ich kratze am Größenwahn. Meine Jagdbeute hängt sich in den Windschatten und ich prügel im starken Gegenwind mit 36 und mehr nach Pollenca. Am ersten Kreisverkehr lasse ich rollen, er fährt neben mich und ich höre ein ’Danke‘. Ich will noch mehr. Nach Formentor, zumindest zum ersten Ausblick, die Straße soll miserabel sein, dennoch – ein paar Kilo- und Höhenmeter warten noch. Im Gegensturm kämpfe ich mich zum Anstieg – ab hier ist der Belag wirklich miesest. Das macht keinen Spaß. Das Ziel bleibt – erster Lookout. Das klappt, trottz Rüttelpiste – da sehe ich einen Abzweig mit deutlich besserem Asphalt. Der wird mein letzter Hügel – gebremst kurz vor dem Gipfel, vom spanischen Militär, das die Straße blockiert. Und jegliche Leute komplett ignoriert. Nun denn, es wird Zeit – nach ein paar Meterchen bin ich im Hotel, stopfe ungefähr das Zweifache meines Eigengewichtes in mich hinein und sitze schließlich in der Bar, tippe meinen Blog und fasse zusammen: ein fast perfekter Tag, 151km mit über 2600 Höhenmetern und endlich richtig warmem Wetter.
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