Heute, Freitag den 16.04.2010…auf der Fahrt zum Hotel habe ich mich entschlossen, einen Blog zu verfassen – von meinen Heldentaten auf dem Rad zu berichten, in reiner Textform – habe keinen Cardreader. Dennoch. Meine Liebsten, Kollegen, Freunde teilhaben lassen.
Es ist Freitag früh. Sehr früh. Zu früh. 02:10 Uhr. Warum um alles in der Welt, wache ich 10 Minuten vor dem Wecker auf? Egal – es ist so. Kaffee machen, Flug checken – Alibi-aktionen am Rechner, um mit Anstand gerade aus zu schauen. Schließlich ist ja dieser böse Vulkan auf Island dabei, den globalen Flugverkehr lahmzulegen – dazu später mehr.
Münchens Flugplan in den Süden ist unbeeindruckt, Flug ist ok - also mit unsinnig viel Gepäck zur Tram. Erstaunlich viel los um 03:15 Uhr. Alles Taxen, fast alle belegt. Ist also was los in der großen Stadt, sogar unter der Woche. Ich staune. Noch mehr staune ich, als zwei Haltestellen später ein schwarzer Fußball die Tram betritt – nein – es ist ein Security Wachmann, rund und – es tut mir leid, das sagen zu müssen – so hohl wie das Sportgerät (nach 10 Minuten ‚Unterhaltung‘ traue ich mir das Urteil zu, immerhin – er meinte ich sei Inschenjör, warum konnte er nicht sagen, vielleicht, weil ich ihn beim Betreten der Tram freundlich anlächelte???? Wie können um 03:30 verschiedenste Menschen in den Münchner U-Bahn Höfen schlafen???? Diese wichtigen Rätsel der Welt wälzend, gelange ich mit Einigen anderen dreckigen Dutzend an den Flughafen. Check-In und Security – alles normal, ich habe das Gefühl ein paar Stunden Schlaf nachholen zu können. Bis zwei fröhliche Männer mit den ersten Weizen im Glas auftauchen und halbwegs gedämpft ihre Umgebung (=mich) auf ihren tollen, bevorstehenden Urlaub einzustimmen versuchen (rülps, gröhl…mehr hab‘ ich nicht verstanden). Jetzt erschließt sich mir erst der Grund, warum ca 80% Männer am Flugsteig sind – ich dachte es seien alles Radler. Tja – weit gefehlt. Eine Hälfte der Wartenden Herren sind gut gelaunt, fröhlich, laut, rotgesichtig und trotz fehlender Begabung sangesfreudig. Die anderen sind schlank, gelassen, ruhig und sympathisch – die Radler; das ist mir so noch nie aufgefallen. Ich staune wieder.
Ich staune noch mehr, als ich den Flugplan des dämmernden Tages betrachte: etwa die Hälfte der Flüge storniert. Alles wegen eines feuchten Erdfurzes – ein bisserl heiße Luft mit Auswurf und schon ist halb Europa flugbefreit.
Nachdem ich meinen Fensterplatz eingefordert habe – bei einer spanischen Dame (das schien mir sehr deutsch und war mir leicht unangenehm), ließ ich mich nieder und hoffte auf einen entspannten Flug. Die Dame nahm den gegenüberliegenden Fensterplatz und war’s zufrieden. Kurz darauf sehe ich ein lebendes Fossil: einen echten Vokuhila – welcher sich neben mich platziert und mit tirolerisch kehliger Stimme in mein Ohr brüllt: „No, wia chets?“(Na, wie geht es?) „Miad“ (Müde) grummele ich, worauf ein unverständlicher Schwall von Worten und Schnapsdunst in mein Gesicht weht, ich sehne eine Ohnmacht herbei, die jedoch nicht kommen mag. Der Wortschwall verebbt während des Fluges, da mein Nachbar in tiefen und leisen (!Danke!)Schlaf versinkt. Die Blicke nach draußen teilweise atemraubend schön – Tegernsee im aufgehenden Licht, Alpen und Nebel, schneeweiße Gipfel, herrlich.
Der Genuss wird durch die wehenden Schnapsfahnen regelmäßig getrübt – wie das eigene Bewusstsein, von wegen müde. Besoffen – durch die Atemluft. Fühle mich an Schishuttles in Österreich erinnert, wo oft dieselbe Mischung aus Jagertee, Hochprozentigem und andern Gerüchen – deren Ursprung eigentlich niemand wissen will – durch und in die Mitfahrenden weht.
Der Landeanflug. Trotz verspäteten Starts kommen wir zu früh an – statt 2h20 brauchen wir 1h40 für den Flug – Zeitsprung? Respekt. Mein erster Gedanke beim Blick auf die sich plötzlich aus den Wolken schälende Insel: „Grün!“ Ich staune schon wieder. Als ich vor elf Jahren mit Muttern dort war, hat sich eine Farbe eingeprägt: Braun. Klar, es war später damals – dennoch ist die Erinnerung stark und prägend. Das Grün also überraschend und wohltuend. Frisch. Wie die Luft außerhalb des Kampftrinkerbeförderungsgerätes. Gepäck holen, Begrüßung durch eine nette Luxcom Mitarbeiterin, da ich heute einziger Neuankömmling ‚meines‘ Veranstalters bin, ein sehr gutes Gefühl von Exklusivität.
‚Mein‘ Taxi und mein Fahrer, alles für mich, allein für mich. Der alte Mann im Taxi weiß, wie er durch den Stau während Palmas Rushhour kommt – Respekt. In München fänd‘ ich‘s normal – hier will ich ihm südländisches Temperament andichten. Meine Frage „Que tal, Senor?“ wir d von ihm in einer fünfminütigen Hochgeschwindigkeitsansprache beantwortet, aus der ich glaube einige Worte herauszuhören – entweder er sagte, dass ich gefälligst den Schnabel halten solle, er hat keinen Bock zu quatschen und die Touris gehen ihm alle auf den Senkel – oder er erklärte etwas über Glück gehabt mit dem Flug, bei dem Vulkanausbruch. Ich hoffe mal auf Letzteres.
Eine kurze Fahrt über die Insel (Grün. Frisch. Berge. Sonne. Schafe. … Schafe? Tausende! )
und ich bin im Alcudia Garden Hotel. Erster Gedanke: Voll. Familien, Holländer, laut.
Zimmer wird erst ab 13.00 Uhr frei. Ich will schlafen. Geht nicht ohne Zimmer. Also zum Hotel Coral del Mar, Rad abholen. Einige Radfreaks sind dort und nun fühle ich das vertraute Unwohlsein, Kampfradler, Männer, Rivalen, abschätzende Blicke: der ist zu dick, der hat keine Waden, den kann ich versägen. Kaum sind die Kampftrinker, die die Spezies der Rennradler für mich in gutes Licht tauchten, irgendwo in der Nähe von Arenal aus meinem Dunstkreis verschwunden, kommt meine übliche Antipathie gegen einen Großteil der Radler wieder. Natürlich ist ein Gutteil Unsicherheit dabei – dennoch weiß ich, dass entspanntes Fahren in der Gruppe mit einem Großteil dieser Typen so wahrscheinlich ist, wie ein James Bond, der auf Männer steht.
Das Rad wird von einem extrem lässigen Jungmechaniker bereitgemacht (mein Sattel und meine Pedale drangeschraubt, Reifen wechseln, Schaltung einstellen). Ich gehe wieder ins Hotel, bringe das Rad in den Radlraum und bin hochgradig frustriert, weil ich meine Radcomputer nicht anbauen kann – hab‘ die falschen Teile dabei. Außerdem bricht ein Flaschenhalter beim Einstecken der Flasche – sieht angesägt aus das Ding (aber wer macht so was?????). Inzwischen bin ich so müde, dass der Frust nicht allzu tief geht. Erholung sieht anders aus, Stress aber auch :-)
Das Zimmer ist immer noch nicht frei. Ja, richtig, da war noch was. Das Hotel hat ein paar Gäste mehr als geplant – einige der Leutchen würden ja sogar heim – wenn denn die Flieger fliegen würden. Dänen, Holländer, Briten, alter Schwede – Finnito mit Heimflug. Norwegen des Vulkanausbruchs. Nordeuropa macht verlängerten Zwangsurlaub.
Und vor lauter Wartezeit wird’s mal wieder zu lang, wie ein geschätzter Kollege _immer_ zu recht bemängelt. Egal – ich bin müde, habe Zeit und keinen Platz und keine Möglichkeit, was anderes zu machen (behaupte ich). Trotzdem ist jetzt Schluss. Erstmal.
Montag, 19. April 2010
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